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Philosophischer Krimi

01. Dezember 2016, 1627 Zeichen

Mit kognitivem Verstehen alleine hat Philosophie oft nicht viel zu tun. Klar gibt es schwierige, abstrakte Konzepte, Begriffe in esoterischer Sprache und vieldeutigen Neologismen. Es gibt jedoch auch einen anderen Zugang, einen pragmatischen, kriminologischen. Wie Deleuze vorschlägt, muss ein Buch drei Funktionen erfüllen: einen Irrtum aufzeigen, fehlender essenziellen Erkenntnissen ihre Fehler herausarbeiten und ein neues Konzept, einen neuen Begriff erfinden. Dies hört sich wiederum ziemlich langweilig an. Doch lässt sich Philosophie nach genau diesen Kämpfen und hinterhältigen Morden lesen, mit einer neugierigen Frage «Was ist passiert?». Welches monströse Konzept hat dem anderen das Messer in den Rücken gestossen, wie und wer? Natürlich geht es dabei nicht einzig um die Autorinnen-Individuen, die ihre Konzepte-Pokémons aufeinander loslassen und dann Wetten abschliessen, sondern um eine Geschichte des Denkens. Die wie jede Geschichte eher aus ihren Fluchtlinien besteht als aus ihren Widersprüchen, mehr aus Intrigen, Morden, Verschwörungen als aus einem antagonistischen Herrschaftsverhältnis. Nicht nur die Heere der grossen weissen Männern können Welten zerstören und erfinden, sondern ein kleiner Stich am richtigen Ort hat genauso ihren Moment. Wie Nietzsches Pfeil, der abgeschossen und von irgendjemanden gefunden und aufgespannt werden kann, ist diese Bewegung keineswegs linear, sondern verkompliziert sich in ihrer unzeitgemässen, abrupten Bewegungen. Manchmal wirkt ein philosophisches Gift erst Jahre später und verbreitet sich dann wie ein Virus, manchmal passiert auch nichts.