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Buit denout chez Wonderland

22. Mai 2016, 2723 Zeichen

Widerspricht die von Deleuze empfohlene philosophische Einsamkeit dem Wunsch nach Vernetzung, zusammen zu diskutieren und zusammenzukommen auf Plätzen die früher Allmende waren, und heute einem kapitalistisch motivierten Standort-Patriotismus folgend, allesamt klinisch reinen Anti-Räumen zu gleichen haben? Was hat demgegenüber die repressive Logistik der Bullen zu bedeuten, welche solche Zusammenkünfte unterbindet, es sei denn diese beschränken sich auf «privaten Raum»: Vorsätzlichkeit, Willkür oder Zufall? Ist das nicht weiterhin der uralte Traum einer vollkommen regierbaren Stadt; die biopolitische Regierungskunst, welche suggeriert, uns alle vor der Pest zu schützen?

Wo ist die gemeinsame Mitte, das Teilbare, wenn nur mit Leuten gesprochen wird, die eh schon gleicher Meinung sind? Außerhalb? Müsste man Ideologie und Propaganda entwerfen? «Bullen ja – Bildung nein»: liegt hierin das gemeinsame neoliberale Problem? Sollte man auf jeden Fall bei denen ansetzen, «die es nicht mal merken»?

Reicht dazu eine frühsommerabendliche Diskussionsrunde, während nebenan die Reinigungs-Brigade der Stadtwerke den inexistenten Dreck des nachmittäglichen Flohmarkts zu verräumen genötigt ist? Einigkeit braucht heute wahrlich niemand mehr, die Jugend will kritisch sein mit beachtlichem ethos, was irgendwie gefühlsbasiert zu sein müssen scheint. Der Blick nach Paris ist notwendig. Neben der Nobelkulisse für Bollywoodhoneymoons läuft das Absurde, eine eigentlich Stärke, in die Gefahr, in Niedlichkeit abzudriften. Neben Kastenwägen, die in gefühltem dreißig-Sekundentakt in Slow-Motion passieren, inmitten einer Art legalisiertem Ausnahmezustand (oder frz. «Notstaat»), ist es die Verwirrung stiftende Sichtbarkeit inmitten des Hotspots für die «Best of Switzerland-Tours» – Alpenblick und Seeluft inklusive – welche der kleinen Multitude am ehesten ermöglicht, zu überborden und in einer größeren Symbolik wahrgenommen zu werden.

Die faktische thematische Einsamkeit ist im multitudinären Gefühl, Viele zu sein aufzulösen. Die faktische Position, inmitten der Unmenge an anders Denkenden und Fühlenden, kann z.b. in Misanthropie aufgelöst werden, was als Abgrenzung notwendig sein kann, wie der Nachwuchs weiß.

Doch gilt es beide Faktizitäten zu akzeptieren, und die Reaktionen anzunehmen. Die Rettung liegt darin, alleine in Gesellschaft zu sein, und gleichzeitig (eine notfalls misanthropische) Singularität inmitten mehr oder weniger manifesten Multituden zu sein. Und: der Kampf gegen das, was Neoliberalist*innen als Einziges vom Staat übrig zu lassen gedenken, d.h. der Widerstand gegen Ausnahmezustand und Polizei auf allen Ebenen, ist primär.